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13.11.17
Eine Reise zur 'Unzeit'

Koordinatoren für Schüleraustausch Sankt Afra und Colegio Alemán treffen sich in Mexico-City

Bereits seit mehr als zehn Jahren besteht der Schüleraustausch zwischen dem Colegio Alemán Alexander von Humboldt und dem Landesgymnasium Sankt Afra. Dabei besuchen uns jedes Jahr ein bis zwei 'Humboldtianer' und im Gegenzug verweilen bis zu drei Afraner der Jahrgangsstufe zehn für ein paar Monate an der mexikanischen Partnerschule.

Als Koordinator für diesen Schüleraustausch habe ich nun erstmalig die Gelegenheit, ganz offiziell das Colegio Alemán zur Intensivierung der Beziehungen zu besuchen. Große Vorfreude. Dann eine Woche vor Abflug die Schreckensnachricht: schweres Erdbeben in Mexiko. Zahlreiche Gebäude sind eingestürzt, es gibt Tote und Verletzte. Schrecklich. Kann man jetzt noch ruhigen Gewissens dorthin fliegen? Gott sei dank muss das Colegio keine Opfer beklagen. Nach Absprache mit der Schule wage ich letztendlich meine erste Reise über den Großen Teich .

Von Dresden geht es über Frankfurt nach Mexiko-Stadt, wo ich mit knapp dreistündiger Verspätung nach mehr als 20 Stunden sicher lande. Meine Kollegin vor Ort erwartet mich bereits. Mit dem  Auto geht es über die Stadtautobahn quer durch die endlos scheinende Stadt (mehr als 20 Millionen Einwohner – unglaublich) gen Süden zur Wohnung meiner Gastfamilie und von dort direkt ins Bett. Schließlich ist es in Deutschland bereits 5 Uhr morgens.    

Gut erholt und ohne größere Probleme mit der siebenstündigen Zeitverschiebung steigen wir am nächsten Morgen wieder ins Auto und fahren über die zweistöckige Stadtautobahn ein Stücken weiter gen Süden zum eigentlichen Ziel. Hier in Xochimilco ist es nicht mehr ganz so städtisch. Das viele Grün und die Nähe der Berge vulkanischen Ursprungs überraschen. Kurz vor der Schule erlaubt ein Blick durch eine Mauer die Sicht auf eine herrliche Gartenanlage, in deren Herzen sich ein in ein Museum umgewandeltes Anwesen befindet, das neben zahlreichen Gemälden von Diego Rivera auch mit einigen Werken von Frida Kahlo aufwarten kann. Nur wenige Schritte davon entfernt ein ebenfalls von einer hohen Mauer umgebenes Gelände: das Colegio Alemán Alexander von Humboldt.

Rein kommt nur, wer sich ausweisen kann. Auch hinaus kommt man nicht ohne Kontrolle. Das großzügige Gelände hat einen parkähnlichen Charakter, in dessen Zentrum sich das Hauptgebäude der Schule befindet, ein nicht mehr ganz frischer Betonbau aus den 80er Jahren, von dem aus mehrere Pavillons abgehen. Hier haben die einzelnen Fachschaften ihre Unterrichtsräume. Auch gibt es eine Mensa, eine Bibliothek sowie eine Dreifelderhalle mit angrenzendem Sportplatz.

Was jedoch bei meinem Besuch fehlt, sind Schüler. Grund hierfür sind durch das Erdbeben entstandene Risse im Mauerwerk des zur Schule gehörenden Grundschulgebäudes, das sich im gleichen Stadtteil an anderer Stelle befindet. Um eventuellen Problemen vorzubeugen, hat die Schulbehörde gleich in allen Gebäuden den Unterricht auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Damit nicht allzu viel Unterrichtsstoff verloren geht, werden die Schüler per Mail mit Aufgaben versorgt.

Ohne Schüler haben die Lehrer vor Ort natürlich mehr Zeit als üblich für mich. Ich erfahre viel über den Schulbetrieb, Lehrerkollegium, Schülerschaft, Schulverwaltung, Probleme vor Ort, aber auch viel über das Alltagsleben als deutscher Lehrer im Auslandsdienst. Sehr aufschlussreich und informativ ist auch der  anschließende Rundgang über das Schulgelände mit dem stellvertretenden Schulleiter. In der Turnhalle dann wird einem wieder das Erdbeben in Erinnerung gerufen. Sie ist zur Sammelstelle von Spenden umfunktioniert. Lebensmittel, Kleidung und andere Dinge des alltäglichen Bedarfs  sind hier zwischengelagert und warten auf Weiterleitung an vom Erdbeben Betroffene.

 

Erst kurz vor meiner Abreise gibt es nach etwas mehr als zwei Wochen grünes Licht für die Wiederaufnahme des Schulbetriebs. An normalen Unterricht ist am ersten Tag natürlich nicht zu denken. Vielmehr ist psychologisches Geschick gefragt. Schließlich gibt es in der Schülerschaft vom Erdbeben persönlich betroffene Kinder. Unter den zu beklagenden Opfern befinden sich auch zwei Ehemalige.

In den kommenden Tagen gibt es noch viele Meetings, Gespräche und gemeinsame Unternehmungen mit Kollegen. Auch Eltern und unsere künftige mexikanische Austauschschülerin lerne ich kennen. Natürlich habe ich die Gelegenheit, die pulsierende Metropole mit teils wunderschönen Stadtvierteln und zahlreichen interessanten Museen näher in Augenschein zu nehmen.  

Mit etwas Wehmut und vielen positiven Eindrücken geht es zurück nach Deutschland über Houston, wo ich erst nach intensiver Kontrolle mit Fingerabdruckabnahme aller zehn Finger und Ganzkörperscan die Weiterreise nach Frankfurt antreten darf. Wieder in der Heimat braucht es ein paar Tage, bis auch die letzten Jetlag-Symptome verschwunden sind. Dies nimmt man im Austausch mit den Erlebnissen aber gern in Kauf.

Die gute Zusammenarbeit mit dem Colegio Alemán wird sich nach dem persönlichen Kennenlernen hoffentlich noch intensivieren. Unseren Schülern kann man die Teilnahme an diesem Programm nur empfehlen. Neben dem Vertiefen ihrer Spanischkenntnisse ermöglicht der Austausch auch das Erleben eines ganz anderen Kulturkreises mit einer großen Spannbreite unterschiedlichster Eindrücke, die uns Europäer oftmals staunen lassen.

Hier kommen Sie zur Homepage des Colegio Alemán Alexander von Humboldt.

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